Dienstag, 14. Februar 2012

It's complicated?

Das mit der Liebe ist so eine Sache. Ich hab das Problem, dass ich schon immer lieber mehr männliche Freunde hatte (Freunde im Sinn von Kollegen). Genau aus diesem Grund kam ich immer wieder in die missliche Lage, dass einer irgendwann stärkere Gefühle für mich entwickelte. Ich hingegen hatte keine.
Grade im Moment bin ich ziemlich hin und her gerissen. Ich mag einen Jungen. Sehr sogar. Ich habe ihm das auch gesagt, und er meinte das Gleiche zu fühlen. Das Problem ist nur, er wohnt in Deutschland.
Hier in der Klinik hab ich Jemanden kennengelernt. Ehrlich gesagt bin ich in ihn verschossen. Er hat mit seiner Freundin Schluss gemacht und auch er mag mich. Nur ich bekomme bei beiden Schmetterlinge im Bauch. Ich fühle mich schlecht, doch den Zweiten sehe ich jeden Tag. Mit dem aus Deutschland habe ich schon lange nicht mehr geskypt, da er keine Zeit hatte. Ich weiss nicht, was ich fühle.
Doch das Beste kommt noch:
Ich schreibe mit einem Dritten. Er kommt auch aus Deutschland. Er ist süss, aber ich glaube ich empfinde nichts für ihn. Er hingegen macht grosse Andeutungen, dass er mehr als nur Freundschaft will.
Ich bin verzweifelt. Was soll ich eurer Meinung nach tun?
Ich selbst tendiere zum Zweiten. Immerhin sehe ich ihn jeden Tag.
Gleichzeitig muss ich nur einen Satz mit dem Ersten wechseln und ich fühle mich total verliebt und in meinem ganzen Bauch kribbelt es, wenn er verspricht am Wochenende anzurufen (was er trotzdem nie tut).

Liebe ist immer so kompliziert. Mein Herz soll sich bitte mal entscheiden!

So, genug rumgeheult. Ich hab noch was:
1. Läuft's bei Jemandem ähnlich?
2. Irgendwelche Tipps?
3. Bin ich bescheuert?

Danke für's Lesen. Bis bald.

Always, T.

Samstag, 11. Februar 2012

Stop At Clinic

Ich hab euch ja mal darauf hingewiesen, dass ich in eine Klinik gehe. Da bin ich nun. An den Wochenenden darf ich nach Hause. 
Viel mach ich dort nicht. Ich habe eine Ergotherapie. Deutsch für: Wir basteln Müll. 
Einzel-, Gruppen- und Familientherapie. Alles in allem hab ich fast kein Programm. Of hat man einfach gar nichts zu tun. Es ist so langweilig, dass einige mit stricken begonnen haben, andere fingen an sich 2mal am Tag zu duschen. Ich gehöre zu den letzteren.Wie auch immer. Es hat ein kleines Kaffee mit Internet, welches mir ermöglicht noch einen kleinen Funken Aussenwelt mitzubekommen. Ich darf offiziell rauchen. Oh, das Essen ist ekelerregend, aber ich komm klar. Dank meinen Schlafmedikamenten bin ich oft müde oder gereizt. Die Anderen nerv ich so ziemlich.
Etwas will ich mit diesem Eintrag noch bewirken. Denkt nicht immer so, wenn ihr Psychiatrie hört:



In einer Psychiatrie ist es eigentlich ganz normal. Ausser, wenn man im geschlossenen sitzt. Man hat Schule und verschiedene Therapien. Wir sitzen nicht in einer Gummizelle und tragen Zwangsjacken. Ich hasse es, wenn die Leute mich krumm anschauen, wenn ich sage, dass ich in einer Psychiatrie bin. Stellt es euch doch mal als ein anderes Krankenhaus vor. So anders ist es gar nicht.
Ich hoffe ich konnte durch das ein bisschen Licht in eure Klischee's bringen. Glaubt nicht alles aus den Filmen.


Always, T.

Warten auf das Leben

Die Wanduhr tickt. Ich starre auf den Sekundenzeiger. Minuten verstreichen. Sie fühlen sich wie Stunden an. Mein Herzschlag passt sich dem Ticken an. Ich atme erschöpft aus. Wie lange warte ich schon?
Ein weiterer Blick auf die Uhr. Eine Minute ist vergangen, mehr nicht. Ich versuche vergeblich, mich zu entspannen. Ich hasse Warten. Eine Frau in den Wehen wird im Rollstuhl in ein Zimmer gefahren. Sie schreit höllisch. Der kleine Junge neben mir kaut laut auf seinem Kaugummi. Ein Baby schreit. Ich balle meine Fäuste.
„Haltet die Klappe!“, grummle ich wütend. Ich stöpsle mir, vor Wut zitternd, meine Kopfhörer ein und drücke auf die Play-Taste. Stille. Die Batterie ist leer, doch das ist egal, da das Baby verstummt ist. Ich atme erleichtert aus. Der Junge hat den nächsten Kaugummi in seinen Mund gestopft. Ich rieche den Pfefferminzgeschmack. 
Tief einatmend versuche ich mich wieder auf das Ticken der Wanduhr zu konzentrieren. Meine Übung wird abrupt von der Sirene eines Krankenwagens unterbrochen. Jemand weint künstlich. Ein Mann wird auf einer Notfallbahre hereingebracht. Die Räder sind schlecht geölt und beginnen grässlich zu quietschen. Blutgeruch steigt mir in die Nase. Angewidert schlucke ich meine Übelkeit herunter. Mein Blick wandert auf die Zeitschriften, die auf einem kleinen Plastiktisch liegen. Die dürren Models auf den Covern blicken mich vorwurfsvoll an.
„Was kann ich denn dafür?!“, verteidige ich mich traurig. Der ältere Herr vor mir blickt erstaunt auf. 
„Hm?“, fragt er mich erschrocken.
„Ich, eh, hab‘ nur ...“, während ich versuche zu erklären, warum ich mit einem Heft rede, stehe ich auf. Ich fühle mich unwohl. Wahrscheinlich hält er mich nun für eine Psychopathin. 
Mein Blick schweift umher. Ich muss hier weg. Wieder von der Ungeduld gepackt bewege ich mich zum Schalter. Die Schwester würdigt mich keines Blickes. 
Demonstrativ räuspere ich mich. 
„Was?“, erwidert sie, ohne mich anzusehen.
„Wie geht es ihm?“ 
„Wem?“, fragt sie, obwohl sie es genau weiss. Ich habe sie schon ein Dutzend Mal gefragt. 
„Patient 106.“ 
„Ich darf nur Familienmitgliedern Auskunft geben.“ 
„Ich bin seine Tochter.“ 
„Ausweis?“ Sie blickt mich fragend an. 
„Hab‘ ich nicht.“ 
„Dann darf ich dir auch nichts sagen.“ 
„Aber ...“ Ich stoppe. Sie hat sich wieder dem Bildschirm zugewandt und tippt weiter vor sich hin. „Darf ich wenigstens in ein ruhigeres Wartezimmer gehen? Ich halte es hier nicht mehr aus.“ 
„Von mir aus. Da hinten.“ Sie nickt mit ihrem Kopf in die entsprechende Richtung. 
Müde schlurfe ich in das ruhige Zimmer.
Eine andere Wanduhr tickt. Ich mustere den Raum. Er ist klein. In Weiss gehalten. An verschiedenen Stellen wurde blaue Farbe eingebracht.
Die Stühle sind unpassend in Quietschgelb gehalten. Wie im letzten Wartebereich hat es einige Plastiktische mit Zeitschriften. Es gibt einen Wasserspender. Er tropft unaufhörlich. Neben ihm steht eine hässliche Plastikpflanze. Die Angestellten sind wahrscheinlich zu faul, um sie zu giessen. 
Gelangweilt gehe ich zu einem Stuhl und lasse mich fallen.
An der gegenüberliegenden Wand hängt ein Kreuz mit einem Jesus. Genervt blicke ich in den Spiegel. Meine Augen sind blutunterlaufen, und über meine rechte Wange zieht sich eine grosse Narbe. Langsam hebe ich meine Hand und berühre sie. Ich kann sie nicht spüren, meine Finger sind taub. Ein Schaudern überkommt mich. Woher ist diese Narbe? Ein Blick auf meinen Arm. Kratznarben zeichnen ihn. Immer, wenn ich unter Stress stehe, sieht mein Arm so aus.
Ich blende die Schmerzen aus und konzentriere mich ein weiteres Mal auf das Ticken der Uhr. Langsam schliesse ich meine Augen und lasse den Unfall nochmal passieren. Mein Herzschlag setzt für einen Moment aus. 
Ich kann das Quietschen der Reifen hören. Ein Schrei. Mein eigener. Ich rieche den verbrannten Gummi und das auslaufende Benzin. Ein Stöhnen von der Seite. Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, wie das kleine Rehkitz aufgeschrocken davonrennt.
Schwer atmend öffne ich meine Augen wieder. Mein Hals ist trocken. Erschöpft bewege ich mich zum Wasserspender. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er explodieren. Zitternd stelle ich den Becher hin und lasse die klare Flüssigkeit hineinfliessen. Sobald er voll ist, nehme ich ihn und gehe ruckartig zum Stuhl zurück. Bei meinem Platz angekommen habe ich schon mehr als die Hälfte verschüttet. Egal. Während ich trinke, fühle ich, wie das Wasser meine Kehle hinunterrinnt. Der letzte Tropfen bleibt an meiner Lippe hängen. Mit meinem Ärmel wische ich ihn weg.
Ich versuche mich auf ein Geräusch zu konzentrieren, aber die Wanduhr bringt mich zum Durchdrehen. Von Wut gepackt ergreife ich die Bibel, die schwer auf dem Tisch liegt. Ein lautes Krachen. Die Wanduhr befindet sich nun auf dem Boden, neben ihr die Bibel. Da mir der Plastikstuhl zu unbequem ist, platziere ich mich auf dem Boden und lehne mich gegen die Wand. Ich kann die Schritte der Ärzte hören, welche panisch durch den Gang rennen. Meine Geduld neigt sich schon dem Ende zu, da wird die Tür aufgerissen. Eine Wolke aus Desinfektionsmittel wabert mir entgegen. Der Mann im weissen Kittel blickt mich sichtlich erschöpft an. 
„Tochter?“, fragt er unnötig.
Ich nicke angsterfüllt. 
„Die verlorene Blutmenge ist gering, dennoch müssen wir ihm eine Transfusion geben. Er hat starke Kopfverletzungen und unter Umständen einen Riss in der Lunge. Wir können jedoch etwas dagegen unternehmen. Kurz: Er wird durchkommen“, murmelt er. 
Ich weiss genau, dass er lügt. Ich kann es in seinen Augen sehen. Mein Vater hat nur noch ein paar Momente im Leben.
„Du kannst ihn besuchen. Zimmer 57.“ Mit diesen Worten verschwindet er und lässt mich mit Tränen in den Augen sitzen.
Langsam erhebe ich mich vom Boden und verlasse das Wartezimmer. Ich kann das hektische Treiben auf den Gängen beobachten. Mit vorsichtigen Schritten bewege ich mich zur Tür mit der Nummer 57. In meinem Hals bildet sich ein Kloss, während ich die Klinke hinunterdrücke.
Da liegt er. Bleich im Gesicht. Mehrere Kanülen finden den Weg in seinen Arm. Ich kann das Blut fast fliessen sehen. Langsam dreht mein Vater seinen Kopf in meine Richtung. Ein Husten überkommt ihn. Er verzerrt sein Gesicht. Ich bin in Sekundenschnelle an seiner Seite, setze mich auf den Bettrand und umklammere seine grosse Hand. Ein Schluchzer entrinnt meinem Mund. In meinen Augen bilden sich Tränen und eine einzelne findet den Weg zum Boden.
„Papa. Du darfst nicht gehen. Ich schaffe das nicht ohne dich. Ich liebe dich doch!“, schniefe ich, während ich mich von Trauer gepackt schüttle. Seine Augen suchen meinen Blick. Er hebt bedächtig seine Hand und legt sie auf meinen Kopf.
„Ich werde immer für dich da sein“, beteuert er mir mit seiner tiefen Bassstimme. Seine Augen werden glasig und eine kleine Träne rinnt seine Wange hinab. Das ist das erste und das letzte Mal, dass ich meinen Vater weinen sehe. Seine Augen blicken in die Ferne und er macht seinen letzten Atemzug.

Meine Angst vor Krankenhäuser kommt auch in der Nacht. Ich sah meinen Vater nie weinen, er war der stärkste Mensch, den ich je kannte.

Sincerely, T.