Dienstag, 25. Oktober 2011

Scream To The Darkness

Ich stand im Schatten und sah auf die andere Seite der Klippe.
Da war ein kleines Mädchen, etwa 11 Jahre alt. Sie sass in einem Wintergarten. Neben ihr sass ein Mann.
Ich weiss nicht, woher ich es wusste, aber der Mann war ihr Vater.
Sie redeten und sie lachten. Das Mädchen hatte ein Glitzern in den Augen. Sie liebte ihren Vater.
Doch auf einmal verschwamm der Mann. Dann war er spurlos verschwunden. Sie begann zu weinen, rannte aus dem Wintergarten in Richtung Klippe.
Urplötzlich blieb sie stehen. Ihre Mutter ging auf sie zu. Das kleine Mädchen wollte sie umarmen, doch ihre Mutter drückte sie kalt weg. Die Kleine sah mit tränenerfüllten Augen zu ihr hoch. Doch die Mutter blickte sie nicht einmal an. Sie drückte sie weiter zur Klippe, bis das Mädchen runterfiel.
Sie konnte sich noch festhalten, doch da kam ein anderer Mann und gab ihr den letzten Stoss.
Sie fiel und schrie. Doch sie weinte nicht. Keine Träne wurde mehr vergossen.
Nach einer kurzen Zeit kam das Mädchen wieder hoch. Sie war immer noch gleich jung und unerfahren. Doch in ihren Augen war Kälte. Keine Kindheit, kein Glitzern mehr.
Sie stand da und ihre Mutter schrie sie an. In den Augen des Kindes spiegelte sich Wut wieder, doch sie beherrschte sich. Kein Ton kam aus ihrem Mund.
Sie liess alles über sich ergehen.
Sie musste erwachsen sein. Ihre Mutter duldete keine Kindlichkeit mehr. Sie musste auf einen Schlag alles vom Leben wissen.
Immer, wenn ihre Mutter weg war, weinte sie. Liess den ganzen Schmerz raus, die ganze aufgestaute Wut. Sie ging durch ihr Leben, riss sich jede Minute zusammen, damit sie Niemanden enttäuschte. Sie war oft kurz vor dem Zusammenbruch, doch immer kurz davor erinnerte ihre Mutter sie wieder daran, dass sie sich beherrschen soll. Sie zerbrach innerlich. Versuchte sich an Niemanden zu binden und sich an Niemanden zu gewöhnen.
Doch irgendwann sah ich ihr an, dass sie immer mehr zu kämpfen hatte. In den Nächten wachte sie immer öfter schweissgebadet auf. Ihre Stimmung verschlechterte sich. Ihre Mutter schrie weiter, doch die Kleine konnte sich nicht mehr unter Kontrolle halten. Sie schrie zurück und innerlich zerbrach sie, denn sie liebte ihre Mutter über alles. Sie wollte kein böses Kind sein.
Sie stand wieder an die Klippe. Diesmal schaute sie mich eindringlich an. Der unendliche Schmerz den ich in ihren Augen sah machte mir Angst.
Sie sprang und und fiel. Immer weiter in den Abgrund.
Und immer, wenn sie sich knapp halten konnte an einem Felsvorsprung, dann stand da Jemand und schubste sie wieder hinunter. Immer weiter in die Dunkelheit. Weiter entfernt von Allem und Jedem.
Ich machte einen Schritt aus dem Schatten. Vor mir war ein Spiegel.
Dieses Mädchen bin ich.

Der Text entspricht genau meiner Lage. Es ist einfach eine ausgeschmückte Sicht. 

All The Best, T.

Sonntag, 16. Oktober 2011

On The Roof

Wir sind in ein neues Haus gezogen. Ich war traurig, da ich alle meine Freunde zurückgelassen hatte. Und dass alles nur wegen meiner Mum. Ich war stocksauer. Wutentbrannt rannte ich die Treppe zum Dach hinauf.  Auf dem Dach sah ich einen Jungen sitzen. Leise und vorsichtig ging ich zu ihm und setzte mich auf den Rand des Daches. Ich konnte bis zum Boden sehen, der 20 Stockwerke unter mir war. Erst jetzt fiel mir auf, dass er mich belustigt anschaute.
„Du hast Höhenangst, oder?“
„Kann sein.“ Ich lächelte schüchtern.
„Wie heisst du?“, fragte er mich grinsend.
„Tiziana und du?“, antwortete ich mechanisch.
„Tom. Du bist heute hier eingezogen. Ich hab dir von hier oben zugeschaut.“
Ich schaute seinen Augen nach und merkte, dass man von hier aus direkt in mein, mit Kisten vollgestopftes, Zimmer sehen konnte. Ich errötete.
„Ich muss wieder rein, meine Mutter köpft mich sonst.“, beendete ich die Stille traurig.
„Bis Morg’n.“, erwiderte er kurz und knapp. Er hatte mich nicht einmal angesehen.

Ich hatte fast die ganze Nacht nicht schlafen können, da ich immer an ihn gedacht hatte. Er faszinierte mich auf eine seltsame Art und Weise. Noch im frühen Morgen stürzte ich mich die Treppen zu ihm hoch. Er sass wieder da. Ich ging, wie am vorigen Tag, zu ihm und setzte mich.
„Hi.“, brachte ich hervor.
„Hey. Erzähl mir was von dir.“, antwortete er mir überraschend.
„Alles klar. Ich bin 15 und meine Lieb-“
„Nein, etwas, dass dich prägt. Nicht diese klassischen Floskeln.“, unterbrach er mich leise, aber bestimmt.
„Okay. Mein Vater hat sich kurz vor meinem 12. Geburtstag das Leben genommen. Meine Mum hat mir die Schuld an seinem Tod gegeben. Ich war lange Zeit traurig. Ich bin jetzt noch traurig. An manchen Tagen ist es schlimmer, an anderen weniger. Ich vermisse ihn sehr und gehe nicht gerne schlafen, da ich dann träume. Meine Träume enden nie wirklich gut. Meist weine ich, wenn ich aufwache, da ich meinen Vater sehe und ihn dann auf’s Neue verliere. Er hat mir einmal versprochen, dass er immer für mich da ist. Er hat gesagt, dass sein Wunsch ist, dass ich glücklich bin. Doch ich bin nicht glücklich. Er hat gesagt, dass er stolz auf mich ist, wenn ich nicht weine. Doch ich weine. Ich habe solche Angst, dass irgendwann der Tag kommt, wo ich vergesse wie seine Stimme klingt, oder wie sich eine Umarmung von ihm anfühlt. Genauso wie ich mich davor fürchte einzuschlafen, von ihm zu träumen und dann aufzuwachen und ihn zu verlieren.“
Ich schaute traurig hinunter.
"Hey, entspann dich. Ich weiss genau, dass es nicht deine Schuld war. Dein Vater liebte dich.", sagte er leise. 
"Woher weisst du d-" Als ich mit tränenerfüllten Augen wieder in seine Richtung sah, war da nichts. Er war weg. Ich drehte mich, doch Niemand war da. Ich zitterte.
Als ich zurück ins Haus ging, war mein Kopf immer noch bei ihm. Wo war er hingegangen?
Beim Auspacken meiner Kisten fand ich ein Foto von meinem Vater in der Kindheit.
Er sah haargenau aus wie Tom.

Ich traf wirklich einmal auf Jemanden, der aussah wie mein Vater in der Kindheit, doch an dieser Person war nichts Besonderes. Sie löste sich nicht in Luft auf. Ich habe einfach keinen Kontakt mehr zu ihm.

All The Best, T.

The Little Girl

Ich ging die Strasse entlang. Der Tag war regnerisch. Die Wolken liessen keine Sonnenstrahlen durch. Eigentlich wollte ich nur noch nach Hause ins warme Bett. 
Doch da sah ich ein kleines Mädchen am Strassenrand. Sie weinte. Irgendetwas zog mich zu ihr hin und so ging ich langsam zu ihr und fragte, was denn los sei. 
"Ich bin umgefallen mit meinem neuen Fahrrad.", antwortete sie verschnieft. 
Da ich Mitleid mit ihr hatte setzte ich mich zu ihr und fragte sie, wo es denn weh tut.
"Im Herzen.", erwiderte sie leise. 
Ich schaute sie nur fragend an, denn sie wahr höchstens 12 Jahre alt. Sie konnte doch noch keine Jungsprobleme haben, oder?
"Dieses Fahrrad hat mir mein Papa geschenkt.", beginnt sie leise zu erzählen,"Er hat gesagt, dass er Stolz auf mich wäre, wenn ich es mir selbst beibringe damit zu fahren. Er hat gesagt, dass er stolz auf seine Tochter sei, wenn sie nicht weint. Weil er eine starke Tochter hat. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn lieb hab und dann hat er geantwortet er mich auch." 
Ich war gerührt, doch konnte immernoch nicht begreifen, warum sie weinte. 
"Aber deswegen musst du doch nicht weinen, mein Schatz.", beteuerte ich ihr.
"Doch. Mein Papa ist jetzt weg. Und ich weine. Doch ich wollte ihn doch Stolz machen. Wie soll ich das, wenn ich weine?" Sie schaut mich mit wässerigen Augen an. 
Dieses arme Kind war 11 und ihr Vater ist davongelaufen? Das konnte doch nicht sein.
"Weisst du denn, wieso dein Papa weg ist?", fragte ich langsam.
"Ja, wegen mir. Ich habe ihn enttäuscht. Ich habe ihn wütend gemacht. Wegen mir hat er das getan.", antwortet sie mir im vollen Ernst. 
"Was hat er getan?" 
In meinem Inneren erwartete ich etwas völlig anderes, als das was das kleine Mädchen mir antwortete:
"Mein Papa hat sich getötet, weil ich eine dumme dumme Tochter bin." 
Mir blieb der Mund offen stehen. Dieses arme Kind quälte sich mit Schuldgefühlen. 
Ich nahm sie in den Arm und fragte sie:
"Wieso denkst du denn, dass er es wegen dir getan hat?" 
"Weil Mama das gesagt hat." Sie schaute mich mit ihren grossen Kulleraugen an und mir liefen Tränen in die Augen. 
Dieses Mädchen hatte dasselbe Schicksal wie mich getroffen.

Diese Geschichte entspringt reiner Phantasie. Die Hintergrundstory hat jedoch einen wahren Kern.

All The Best, T.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Nightmare

Ich blicke mich um. Alles ist weiss. Es ist kalt und ich beginne zu frösteln. 
Nicht weit entfernt von mir sitzt eine alte Dame an einem kleinen weissen Gartentisch. Sie trinkt ihren, inzwischen kalten, Kamillentee. 
Der letzt Tropfen rinnt über ihr verrunzeltes Gesicht. Nachdem sie ihr Gesicht mit einem Spitzentuch abgetupft hat, füllt sie sich ihre weisse Porzellantasse wieder mit kaltem Tee. 
Langsam blickt sie in meine Richtung. Ich weiss, dass sie mich nicht sehen kann. 
Ich schaue in ihre alten grauen Augen und sehe bis in ihre Seele. Es fröstelt mich wieder. 
Sie wirkt abwesend. Immer wieder blickt sie langsam und bedächtig auf ihre Uhr. Sie wartet auf Jemanden. Nein - nicht auf Jemanden - auf mich. Ich sollte schon längst bei ihr sitzen und mit ihr Tee trinken. 
Sie hat mich eingeladen. 
Es stehen zwei weisse alte Porzellantassen da.
Verlegen blicke ich auf den Boden. Ich sollte mich schämen eine alte Frau warten zu lassen. 
Vorsichtig mache ich einen Schritt in ihre Richtung. Meine Beine fühlen sich taub an. 
Wie lange stand ich denn schon hier? 
Nach einem weiteren Schritt spüre ich, wie das Blut durch meine Beine fliesst. Ich will wieder zu der alten Dame blicken, doch ich erschrecke, denn vor mir ist nicht das erwartete Bild. Sondern schwarze, nach Gummi riechende, Traktorräder. Sie sind riesig und drehen sich in meine Richtung. 
Ich will mich umdrehen, doch die dunklen Räder sind überall. 
Panik macht sich in meinem Körper breit. Ich versuche zu schreien, doch nur ein leises Hauchen entweicht meinem Mund. Ich beginne mich immer schneller um meine eigene Achse zu drehen in der Hoffnung irgendwo die alte Dame zu sehen, doch nichts. 
Mit der Zeit wird mein Rufen lauter. Ich weiss nicht was ich rufe. Ich vermute, dass ich nach der alten Frau rufe. 
Urplötzlich werde ich still. Ein Geistesblitz durchfuhr mich. Sie kann mich nicht hören. Sie ist taub. Seit ihrer Kindheit, dass hat sie mir in der Einladung geschrieben. 
Ich fühle den Brief in meiner Hosentasche. Ich ziehe ihn wutentbrannt heraus. Fluchend zerreisse ich ihn in kleine Stücke. 
Ich fühle etwas Flüssiges auf meiner Wange. Das Salz meiner Tränen brennt auf meinem eiskalten Gesicht. Erschöpft lasse ich mich fallen. 
"Ich werde sterben.", ist mein letzter Gedanke. Ich sitze stumm auf dem harten Boden und warte auf das Ende. Die Räder kommen immer näher, sie erdrücken mich schon fast. Kurz bevor ich sterbe, schlage ich meine Lider auf und schaue mich keuchend um. 
Ich hatte einen Albtraum. Den Albtraum. Vorsichtig schlage ich die Decke zurück. 
Schweissgebadet atme ich die stickige Luft in meinem Zimmer ein. Ich stehe auf und gehe zu meinem Schreibtisch. 
Bedächtig, aber immer noch zitternd öffne ich die Schublade. Darin liegen zwei Blätter. 
Ich nehme beides hervor. Mit einem, zufällig gewählten, Stift mache ich einen neuen Strich auf das eine Blatt. Es ist eine Strichliste. Ich hatte den Traum nun schon mehr als ein Dutzend Male. 
Meine Hand greift die Liste und legt sie wieder zurück in die Schublade. Nun entfalte ich das zweite Blatt. Es ist die Einladung, die mir die alte Dame geschickt hat. Der Brief ist eines Morgens mit der Post gekommen. Ich kenne die Frau nicht und der Brief besitzt keinen Absender. 
Ich weiss nicht von wo dieser Brief stammt, doch er macht mir höllische Angst.

Dieser Text entspricht der Wahrheit. Wie alle Texte von mir. Hier handelt es sich jedoch einfach um einen Albtraum. Diesen hier habe ich bisher am meisten gehabt.

All The Best, T.