Freitag, 30. März 2012

Rainy Day

Ich mag Herbsttage. Herbst ist schön. Die farbigen Blätter wirbeln umher, der Wind zerzaust meine Haare, der Regen macht mich klatschnass – Ja, der Regen. Falls es Irgendjemandem aufgefallen ist, hasse ich Regen.
Meine Mutter war auf jeden Fall der Meinung, ich solle spazieren gehen und das schöne Wetter geniessen. Die Sonne, die frische Luft, den Regen – Wie schon angetönt hasse ich den Regen. Die Sherlock Holmes unter euch werden schon festgestellt haben, dass es regnet und ich draussen bin. Die ganz Klugen können vielleicht schlussfolgern, dass meine Laune den Bach runter läuft.
Nun, ich sitze hier gerade ziemlich unbequem in einer Pfütze. Ich sehe grauenhaft aus. Wie ich in die Pfütze gekommen bin? Nein, ich bin nicht wie jeder normale Mensch umgefallen. Das wäre ja viel zu langweilig. Ich bin von meinem Hund rumgezerrt worden. Er fand es eine tolle Idee so schnell zu rennen, dass ich mich in der Leine verfange. Dann, welch Wunder, bin ich umgefallen. Auf mein Steissbein. Das tut übrigens weh.
Mein Hund kommt wieder angerannt und wirft mich auch gleich um. Ich liege nun in einer Pfütze. Eigentlich sollte ich mich ja freuen. Ich hab noch nie in einer Pfütze gelegen. Das ist ein neues Erlebnis in der Natur. Hurra.
Ich blicke mich um und realisiere, dass mein Hund weg ist. Über alle Berge, wie man so schön sagt. Jetzt bin ich auch noch allein und mein Handy hat gerade den Geist aufgegeben. Ganz abgesehen davon ist mir kalt und die Sonne geht gerade unter. Meine alte Idee unter freiem Himmel zu übernachten verliert immer mehr an Reiz. Und wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich mich verlaufen. Ich könnte es auch auf die Dunkelheit schieben, dass ich keinen Plan hab, wo ich bin, doch ich bin losgelaufen, als es noch hell war. Schlussfolgerung: Ich sollte, rein theoretisch, wissen, in welcher Pfütze ich mich befinde. Ein kalter Windstoss, welchen ich vor einer Stunde noch angebetet habe, lässt mich jetzt frösteln. Logischerweise bin ich ja auch nicht auf die geniale Idee gekommen eine Jacke mitzunehmen. Sieht doch viel cooler aus ohne Jacke, oder? Ich bin so eine Idiotin.
Mühsam hieve ich mich auf und versuche mein Shirt auszudrücken.
„Meine Mutter wird mich umbringen, wenn sie meine Kleider sieht. Alles zerschlissen und voller Matsch.“, murmle ich erschöpft. Ein Lachen von der Seite lässt mich aufkreischen.
„Wer zum Teufel bist du und warum erschreckst du mich so?!“, frage ich mit schrillem Unterton.
„Man nennt mich Phil. Ich wollte dich nicht erschre- Okay, doch ich wollte, dass du dich erschreckst. Hatte einen viel lustigeren Effekt.“, stellt sich die Stimme vor, während ich sehen kann, wie seine Silhouette sich verbeugt. Er macht einen Schritt auf mich zu, während ich mich von ihm weg bewege. Also bitte. Er könnte ein Pädophiler sein oder ein Kinderschänder oder Oh. Ich kann nun sein Gesicht sehen. Ein bisschen älter als ich, blonde Haare, die zum durchwuscheln verleiten und blaue Augen. So blaue Augen! Ich habe mich grade verliebt! Okay, vielleicht übertreibe ich, aber auf einmal bin ich glücklich, dass ich raus in den Regen bin. Welcher übrigens nicht aufgehört hat.
„Und du bist?“, fragt er lächelnd. Er hat Grübchen. Grübchen! Ich liebe die, nur meine eigenen hasse ich.
„Ich?“, frage ich komplett überflüssig. Wenn sollte er sonst meinen? Den Stein neben mir?! Ich bin so blöd!
„Eh, ja. Du.“, erwidert er irritiert.
„Mich nennen alle Tatz.“, presse ich hervor. Ich spüre, wie meine Wangen beginnen zu glühen. Ich gleiche einem Schlammmonster. Ich bin froh, dass er mich fast nicht erkennen kann in der Dunkelheit.
„Und was treibst du so hier draussen? In der Dunkelheit? Allein?“
„Ich war spazieren. Mit meinem Hund, doch wie du sicher feststellen kannst, ist er weg. Und du?“
„Ach, ich bin eigentlich ein Kinderschänder. Ein 16-jähriger. Ich bin auf der Suche nach einem neuen Opfer.“, antwortet er süffisant. Sobald er meinen erschrockenen Gesichtsausdruck erblickt, beginnt er lauthals zu lachen.
„Das ist nicht witzig!“, schnauze ich ihn empört an.
„Oh, doch! Du hättest dein Gesicht sehen sollen!“, erwidert er amüsiert.
Ich schnaufe wütend. Wie kann man nur so etwas sagen? Das ist komplett taktlos! Doch ihm ist anzusehen, dass er es bereut.
„Tut mir Leid. Ich wollte nur die Stimmung ein bisschen heben. Du hast so resigniert gewirkt. Ich bin hier draussen, weil ich der Sonne gerne zusehe, wie sie untergeht. Das mach ich jeden Abend.“, murmelt er entschuldigend. Irgendwie war es ja süss. Er wollte mich nur aufheitern. Ganz abgesehen schaut er sich Sonnenuntergänge an. Eine romantische Ader besitzt er also auch.
„Schon okay. Man sollte trotzdem nicht einfach zu fremden Mädchen hin und taktlose Witze reissen.“
„Aber du bist doch gar nicht fremd. Ich sehe dich jeden Tag, wie du zur Schule fährst. Ich bin auch der Sohn deiner Schulleiterin, also weiss ich so ziemlich alles über deinen schwarzen Humor, welchen alle Lehrer verabscheuen.“, erklärt er ruhig. Ich stocke. Der Sohn von Rektorin Kempf. Ich hatte nie auch nur einen Gedanken an ihn verschwendet. Dennoch kommt mir sein Gesicht von den Fotos auf ihrem Schreibtisch bekannt vor. Wieso hat er überhaupt nach meinem Namen gefragt? Vielleicht war er sich nicht sicher? Egal. Er kennt mich. Ich ihn nur von weitem. Ich weiss, dass seine Eltern sich geschieden haben und, dass er auf einem Internat ist. Mehr nicht. Er weiss sicher alles Schlechte von mir. Seine Mutter mag mich nicht sonderlich. Okay, eigentlich hasst mich seine Mutter. Es gibt nichts was ich nicht schon kaputt gemacht habe und keinen Lehrer, welcher mich noch nicht zu ihr geschickt hat. Vielleicht hasst er mich jetzt auch? Meine Frage beantwortet sich teilweise, dadurch, dass er mir seine Lederjacke rüberreicht. Hassen wird er mich wohl nicht.
„Damit du dich nicht erkältest.“, erklärt er leise. Ich lege sie mir um. Sie ist noch warm und riecht nach seinem Parfüm. Ich kann den Duft nicht erklären. Vielmals werden Mänderdüfte als Moschusartig beschrieben. Ich hab keine Ahnung, wie Moschus riecht. Wahrscheinlich wie sein Parfüm. Ich siniere immer noch über den Duft, während er mir eine Frage stellt.
„Hm?“, mache ich völlig abgelenkt.
„Willst du erst mal zu mir kommen, bis es aufhört zu regnen?“, wiederholt er sich. Er schaut peinlich berührt auf seine Fussspitzen. Ich vermute zumindest, dass er peinlich berührt ist, denn ich kann sehen, wie seine Ohren glühen.
„Eh, klar. Wie weit ist es denn?“, platze ich sofort raus.
„Nicht weit, es ist hinter der nächsten Biegung.“ Während er spricht packt er meine Hand und zerrt mich in die gewünschte Richtung. Ich starre wie gebannt auf unsere Hände und realisiere viel zu spät, dass vor mir eine Vertiefung ist. Welch Wunder, ich stolpere. Genau in seine Arme um es genau auszudrücken. Was mich aber auch nicht im Geringsten stört. Er fängt mich auf und ich Trottel mache einen Schritt zurück und murmle ein „Es tut mir Leid.“
Wir gehen weiter und wechseln bis zu seiner Haustür kein Wort mehr miteinander. Mist, wenn seine Mutter zu Hause ist, bin ich geliefert. Er öffnet sachte die Tür und nimmt mir meine Sorge schon ab, indem er mir beteuert, seine Mutter sei ausgegangen. Ich atme erleichtert aus und betrete sein Reich. Nett.
Er nimmt mir die Jacke ab und holt mir trockene Sachen von ihm. Die würde ich am liebsten behalten.
„Fühl dich wie zu Hause. Ich mach uns heisse Schokolade.“, ruft er aus der Küche. Ich lasse mich müde auf das Sofa plumpsen. Während ich versuche meine Haare irgendwie ansehnlich aussehen zu lassen, balanciert Phil schon die beiden dampfenden Tassen zu mir.
„Wollen wir einen Film schauen? Ich kann schon mal aussuchen, dann kannst du in der Zeit deiner Mutter Bescheid geben, dass du hier bist.“ Er schaut mich von der Seite her an.
„Ja, eh, klar, aber es ist schon acht Uhr…“, stelle ich mit einem Blick auf die Uhr fest.
„Du könntest hier schlafen. Ich kann es mir auf der Couch bequem machen, dann hast du mein Bett.“ Er weicht meinem Blick aus.
„Okay. Das wird schon klappen.“ Wie unfreundlich bin ich eigentlich? Ich klaue sein Bett! Noch in derselben Minute reicht er mir das Telefon.
„Mama? Kennst du Phil? Er wohnt drei Strassen weiter. Kann ich bei ihm übernachten?“ Ich wechsle den Blick mit ihm.
„Ja. Bis Morgen.“ Sie legt auf. Wahrscheinlich froh mich los zu sein. Vielleicht hat es bei ihr auch Klick gemacht und sie hat bemerkt, dass ich bei meiner Rektorin zu Hause bin. Phil hat sich wieder neben mich gesetzt und zeigt mir seinen ausgewählten Film.
„Ich liebe den! ‚Sherlock Holmes‘ ist einer meiner Favoriten!“, platze ich sofort raus.
„Dann sind wir uns ja einig.“, gibt er lächelnd zurück. Nur schon bei der Titelmelodie beginnen wir beide mit zu summen.

Wie es weitergeht? Tja. Ohne Kuss zumindest. Phil ist nun mein bester Freund. Ich bereue es nie, dass ich an dem Tag raus ging.

Sincerely, T.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nun ich hoffe doch sehr, dass du gleich etwas Sinnvolles schreiben wirst. Etwas, dass nicht gleich sofort in meiner Spambox landet und ich verzweifelt durchlese, weil es einfach keinen Sinn ergibt.
Ich hoffe stark, dass deine Nachrede zu einer positiveren Sorte gehört. Wie zum Beispiel grosse Lobhudeleien an meiner selbst. Dies wird immer gerne gesehen.
Ich hoffe hoffe hoffe, dass du dein Gehirn verwendest, falls du denn eines besitzt.