Dienstag, 6. März 2012

A Memory

Ich sitze da, auf einer unbequemen Holzbank. Die Holzbank steht in einem dunklen Raum. Schwer zu beschreiben - Für mich war er einfach dunkel. Der Raum ist so abgedunkelt, damit man besser auf die andere Seite der Glasscheibe sehen kann.
Ein kalter Windstoss kommt herein, sobald die Tür geöffnet wird. Ich erzittere dank der Kälte. Zwei Männer betreten den Raum. Der Erste ist mollig, seine Wangen sind gerötet. Sein Gefährte ist sein komplettes Gegenteil. Er ist gross und schlaksig. Sein Gesicht wird bleich, sobald er zur Glasscheibe blickt. Ich selbst zeige ihnen gegenüber kein Interesse. Sie sind für mich nicht von Belangen.  Der Boden knarrt unter dem Gewicht der Beiden. Sie weinen. Ich sah noch nie, dass Männer weinen. Ich fragte meinen Vater schon oft, warum Männer nie weinen.
Er sagte immer dasselbe: „Sie dürfen nicht. Männer müssen immer  Stärke zeigen. Keine Schwäche. Jeder Mann, der weint hat keinen Stolz.“  Ein kleines Lächeln umspielt meine Lippen, wenn ich daran zurückdenke. Mein Vater hatte immer komische Theorien.
Ein Schluchzen des Dicken reisst mich aus meinen Erinnerungen. Die Beiden starren das Glasfenster an. Sie umarmen sich und der Grosse reicht seinem Kollegen ein zerknittertes Taschentuch. Irgendeiner murmelt etwas. Nun, wenn ich mich daran erinnere, weiss ich, dass er „Sie ist doch noch so jung.“ gesagt hat. Beide klopfen mir mitfühlend auf die Schultern. Ich zucke unter ihnen zusammen.
"Du bist ein tapferes Mädchen.“, bemerkt der Grosse mit einer rauchigen Stimme. Ich kenne sie nur von weitem. Sie sind Freunde meines Vaters. Er war oft mit ihnen am Freitag ein paar Bier trinken. Auch letzten Freitag, als er betrunken nach Hause kam. Er stritt mit mir. Noch jetzt bereue ich, was ich nicht getan habe.
Die Tür geht auf. Dick und Doof verschwinden. Wieder ein kühler Luftzug. Trotz meines dicken Pullovers erschaudere ich. Mein Kopf pocht. Das Zeitgefühl habe ich schon lange verloren. Für mich waren es Jahre in denen ich in diesem Raum sass. Für andere waren es nur Stunden.
Ständig schwirren mir alte Erinnerungen im Schädel herum. Ich stütze meinen Kopf auf meine kalten Hände. Langsam spüre ich wieder, wie hart die Holzbank ist. Mein Rücken knackst, sobald ich mich bewege. Meine Augenlider fühlen sich schwer an. Ich bin schon lange wach. Wie lange weiss ich nicht. Ich kann es noch gar nicht fassen. Die nächsten Tage werden grauenhaft, die Nächte schlaflos. Ich werde noch lange brauchen, bis ich es realisiert habe.
Das Nächste, an was ich mich erinnern kann, ist, wie eine Frau mittleren Alters den Raum betritt. Ich kenne sie. Mein Vater mochte sie nie, doch sie war eine gute Freundin meiner Mutter. Sie ist depressiv. Ein paar Monate später wird sie in eine Psychiatrie eingeliefert werden. Ein Nervenzusammenbruch. Ihre Kinder, welche ich nicht ausstehen kann, werden meinem Vater die Schuld in die Schuhe schieben. Ich kann die Frau nicht ausstehen. Ihr Name ist Sandra. Ein einzelner Name, an den ich mich noch erinnern kann.
Sie kommt mit verheulten Augen zu mir. Ihre Mascara ist komplett verlaufen. Sie gleicht einem Waschbär. Urplötzlich ertönt Musik. Ein Nerv tötendes Lied.
Der Sänger kommt sofort zum Refrain. Ich kann mich noch genau an ein Wort im Titel erinnern Heaven. Solche komplett unpassende Lieder, welche nur Idioten abspielen, weil sie denken, das hilft. Sandra weint immer weiter, nun umarmt sie mich auch noch. Ich balle meine Fäuste. Meine Hände zittern vor Wut, während ich ruckartig das Handy zuklappe. Die Musik erstickt. Endlich.
„Es tut mir ja so Leid! Du bist so jung! Ein ganz tapferes Mädchen bist du!“, erwidert sie jammernd.
Ihr Parfüm wabert in meine Richtung. Ich unterdrücke meinen Würgereiz. Während ich die Luft anhalte, versuche ich mich aus ihren dicken Armen zu winden, doch sie umklammert mich noch fester.
Ich huste demonstrativ um sie darauf hinzuweisen, dass sie nervt. Sie ignoriert es. Ich huste ein weiteres Mal, nun hat es auch in ihrem kleinen Hirn Klick gemacht. Sie lässt langsam von mir ab, ich atme erleichtert aus. Sie steht mühselig auf. Ein weiteres Ausatmen meinerseits. Sie blickt noch ein letztes Mal mit ihren traurigen Augen zu mir und verlässt den Raum dann schreiend. Das war der Moment in dem sie durchknallte. Ich lächle, wenn mein Vater das gesehen hätte…
Mein Gesichtsausdruck wird härter, sobald ich meine Schulter anschaue. Sie hat zwei schwarze Mascara Flecken auf meinem grauen Pullover hinterlassen. Es ist mein Lieblingspullover! Für das würde sie büssen, sobald ich wieder genug Kraft habe um sauer zu werden. Ich schnaufe einmal wütend und im selben Moment ist meine Wut verflogen. Nun ist es mir schon egal. Nichts ist mehr wichtig. Nicht Sandra, nicht die Kälte im Raum, nicht die harte Holzbank. Nicht einmal die nervende flackernde Lampe, die gerade erlosch.  Jenes, welches mir am meisten bedeutete liegt hinter der Glasscheibe. Jenes, ohne welches nichts mehr einen Sinn ergibt. Es wurde mir einfach so weggenommen.
Ich habe schon eine Weile nicht mehr geblinzelt, so dass meine Augen trocken sind. Ich starre weiterhin geradeaus, während mir die erste richtige Träne die Wange hinunter rinnt.
Ich sitze auf einer Bank, in einem Raum, welcher in einem Leichenschauhaus ist.
Hinter der Glasscheibe liegt mein Vater.

Das ist ein immer wiederkehrender Traum von mir. Ich fürchte mich grauenhaft vor ihm, denn alles in diesem Traum ist wahr und die Wahrheit - die Realität - schmerzt jedes Mal auf's Neue.

Always, T.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nun ich hoffe doch sehr, dass du gleich etwas Sinnvolles schreiben wirst. Etwas, dass nicht gleich sofort in meiner Spambox landet und ich verzweifelt durchlese, weil es einfach keinen Sinn ergibt.
Ich hoffe stark, dass deine Nachrede zu einer positiveren Sorte gehört. Wie zum Beispiel grosse Lobhudeleien an meiner selbst. Dies wird immer gerne gesehen.
Ich hoffe hoffe hoffe, dass du dein Gehirn verwendest, falls du denn eines besitzt.