Dienstag, 27. Dezember 2011

Emergency

Es ist unerträglich. Das Geräusch der Wanduhr neben mir. Sie tickt und tickt. Ich warte sicher schon ein Leben lang. 
Wieso nur? 
Ich kann mich nur noch an den weissen Lichtstrahl erinnern, der Rest ist verschwommen. Das Einzige was mir noch Jahre lang im Kopf rumspuken wird ist dieser Schrei. Mein eigener. 
Ich setze mich hin. Mein Beine tun weh. Der Raum ist weiss. Auf einem kleinen Plastiktischen liegen Zeitschriften aus dem letzten Monat. Die Models auf den Titelseiten blicken mich vorwurfsvoll an. 
"Ich wollte es doch nicht!", kreische ich sie an. 
Niemand ist im Raum, ich bin allein. Die Uhr tickt weiter. Ich schaue mich um. Mit zittrigen Händen nehme ich die schwere Bibel, die auf einem Stuhl neben mir liegt. Ich hebe sie und werfe sie mit voller Wucht gegen die Uhr. Sie fällt krachend runter. 
Ich schaue schlagartig zur Tür. Niemand hat mich gehört. Es hat auch Niemand Zeit um mich zu hören. Alle sind weg. Alle sind bei ihm. 
Was hab' ich nur getan?, frag ich mich immer wieder. 
Ich höre ein Tropfen. Mein Kopf dreht sich langsam nach rechts. Der Wasserspender rinnt. Ich stehe mit wackeligen Beinen auf und gehe zu ihm. Meine Hand greift nach einem Becher. Ich lasse die Flüssigkeit hineinlaufen. 
Mit einem vollen Becher bewege ich mich wieder zu meinem Stuhl. 
Beim zurückgehen bemerke ich einen Spiegel an der Wand. Ich starre ihn an. Meine geröteten Augen weiten sich. Ich habe getrocknete Lippen und mein Gesicht ist aschfahl. Über meine rechte Wange zieht sich eine lange Narbe. Ich fahre mit einer Hand darüber. Ich kann sie nicht fühlen. Meine Finger sind taub. Angewidert drehe ich mich weg und marschiere weiter zum Stuhl. Vorsichtig lasse ich mich fallen, doch wo der erwartete Stuhl ist, ist nichts. Ich falle auf den Boden. Erschöpft bleibe ich sitzen. Egal. 
Die Tür wird mit voller Wucht aufgeschlagen. Ich spüre die Erschütterung. 
"Du. Bist du die Tochter?", fragt mich der Arzt sichtlich müde. 
"Ich..Ja.", antworte ich leise mit heiserer Stimme. 
"Er ist tot.", kommt es steif aus seinem Mund. Ich höre wie er sich umdreht und die Tür vorsichtig schliesst. 
"Nein!", presse ich raus. Der Warteraum wird stickiger. Ich habe das Gefühl, dass meine Lunge zusammengedrückt wird. Ich atme schneller, doch es hilft nicht. Der Kloss in meinem Hals wird grösser. Ich nehme einen grossen Schluck aus meinem Becher. 
Es schmeckt metalig. Fragend blicke ich in den Becher. Kein Wasser darin. 
Ich schwanke den Becher hin und her. Die rote Flüssigkeit schwappt über meine Finger. 
Ich stehe schlagartig auf und lasse den Becher fallen. Das Blut bildet eine grosse Lache auf dem Boden. 
Ich versuche zu schreien, doch nur ein erstickter Laut kommt aus meinem Mund. Und das ist der Moment in dem ich mich übergebe. Viel ist nicht in meinem Magen. Nur das ganze Blut kommt heraus. Es ist viel mehr Blut, als ich getrunken habe. Das ist unmöglich. 
Ich verspüre ein Brennen im Bauch. Es ist mein Blut. Ich übergebe immer mehr Blut. Ich fühle mich immer leerer und kann endlich schreien. Mir rinnen salzige Tränen über mein Gesicht. Es ist mehr ein Kreischen, als ein Schreien. 
"Es wird alles wieder gut...Beruhig dich...Denk an sein Gesicht und seinen Stolz.", höre ich das Flüstern meiner Mutter. Ich schlage die Augen auf. Ihre Hand fährt mir immer wieder über den Kopf. Es hat eine Beruhigende Wirkung. Ich spüre die Wärme, die von ihr ausgeht. 
"Mama! Er ist tot! Mama! Nein!", wimmere ich während ich schluchzend vor und zurück wippe. 
"Shht. Ich weiss, Schatz. Aber jetzt geht es ihm besser.", unterbricht sie meinen Wortschwall voller Ruhe. "Schlaf noch ein Bisschen. Dann geht es dir besser."
Ich lasse mich langsam in mein Kissen zurück sinken. Meine Augen schliessen sich wieder.

Der Traum ist wahr. Ich hatte ihn nicht oft. Zwei bis drei Mal. Höchstens. Jedoch ist der Teil in dem mich meine Mutter beruhigt reines Wunschdenken. Sie war noch nie da, als ich einen Albtraum hatte.

All The Best, T.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Nun ich hoffe doch sehr, dass du gleich etwas Sinnvolles schreiben wirst. Etwas, dass nicht gleich sofort in meiner Spambox landet und ich verzweifelt durchlese, weil es einfach keinen Sinn ergibt.
Ich hoffe stark, dass deine Nachrede zu einer positiveren Sorte gehört. Wie zum Beispiel grosse Lobhudeleien an meiner selbst. Dies wird immer gerne gesehen.
Ich hoffe hoffe hoffe, dass du dein Gehirn verwendest, falls du denn eines besitzt.